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Markus Galle

Kevin Kühnert besucht AWO Migrationsberatung

Kevin Kühnert besucht AWO Migrationsberatung
Bildnachweis: AWO Landesverband Berlin // Markus Galle

Viel Zeit nahm sich Kevin Kühnert am Donnerstag (29. Juni 2023) als er der AWO Fachstelle für Integration und Migration Tempelhof-Schöneberg einen Besuch abstattete. Der direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für Tempelhof-Schöneberg und darüber hinaus Generalsekretär der SPD zeigte sich äußerst interessiert und informiert. Den Kolleg*innen vor Ort war es wichtig, ein möglichst realistisches Bild ihrer Arbeit zu zeichnen. Dazu gehören natürlich auch Beispiele und Erfahrungen, aber eben auch Probleme im täglichen Umgang mit Ratsuchenden und Behörden. Neben Kevin Kühnert und den Berater*innen vor Ort waren auch Dirk Arp-Stapelfeldt (stellvertretender Geschäftsführer des AWO Landesverbandes und Co-Bereichsleitung Geschäftsfelder) und Anke Otter-Beaujean (Fachreferentin Migration) beim Gespräch dabei.

Gleich zu Beginn wurde deutlich, wieviel Herzblut die Kolleg*innen in ihre Beratungsarbeit stecken. Ebenso schnell wurde jedoch auch klar, dass der Migrationsbereich strukturell und finanziell mit argen Problemen zu kämpfen hat. Ganz aktuell zeigt sich das in der Debatte um geplante Haushaltskürzungen, so drohen hier bspw. den bezirklichen Integrationsfonds drastische Kürzungen. Der Entwurf des neuen Landeshaushalts sieht, entgegen der Vereinbarung im Koalitionsvertrag, hier Kürzung um 43% anstatt einer Erhöhung vor. Auch der Brandbrief der Bezirksbürgermeister*innen und der offene Brief der LIGA der Wohlfahrtverbände in Berlin warnen vor Kürzungen u. a. im Bereich der sozialen und Migrationsarbeit. Andere Themen bestehen hingegen schon seit Jahren, sind aber nicht weniger problematisch. So müssen Träger, die das wichtige Bundesprogramm der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) umsetzen, einen Eigenanteil von ca. 10 Prozent aufbringen. Da viele Träger diesen Anteil bspw. durch operatives Geschäft nicht aufbringen können, ist mittlerweile der bundesweite Trend zu erkennen, dass sich viele Träger aus dem Programm zurückziehen, da sie hier nicht kostendeckend arbeiten können. Wenn die aktuell im Entwurf des Bundeshaushalts 2024 angesetzten Kürzungen in Höhe von ca. 40% bei der MBE tatsächlich Bestand haben, werden sich noch mehr Träger die Frage nach der Fortführung stellen.  Bei einem so wichtigen Programm mit großem Mehrwert, auch für die Gesellschaft in Deutschland, ist das absolut fatal. Laut Dirk Arp-Stapelfeldt kann man hier durchaus von einem „Fehler im System“ sprechen, der leider „nicht behoben, sondern von Jahr zu Jahr verstetigt wird“.

In der AWO Fachstelle für Integration und Migration Tempelhof-Schöneberg wird darüber hinaus mit dem Programm Jugendmigrationsdienst (JMD) gearbeitet. Der JMD richtet sich an Menschen mit Migrationshintergrund zwischen 12 und 27 Jahren und bietet Beratung und auch Unterstützung im Zugang zu, Bildungs- und Freizeitangeboten. Auch Angebote des Migrationssozialdienstes (MSD) als Anschlussangebot an die MBE, können in der Beratungsstelle in Anspruch genommen werden. Abgerundet wird das Angebot von der Bildungsberatung Garantiefonds Hochschule und dem Angebot der sog. Respect Coaches. Beide Angebote sind Teil des Programmes Jugendmigrationsdienst und ausgesprochen nachgefragt.

Was jedoch bleibt ist die fehlende Unterstützung in Form ausreichender Finanzierung. So bleiben die Probleme bestehen und werden sich aufgrund des Wohnraum- und Fachkräftemangels auf absehbare Zeit verstärken. Die Hoffnungen ruhen nicht zuletzt auf Besuchen wie dem von Kevin Kühnert am Donnerstag. Treffend eröffnete er im Gespräch die ökonomische Perspektive, auch aus der Sicht eines Mitglieds des Bundestags, und lieferte eine gute Problembeschreibung mit den Worten: „Wir befinden uns auch mit anderen Ländern in einer Konkurrenzsituation um Arbeits- und Fachkräfte. Das scheint aber für viele Menschen in Verantwortung bislang nur eine mathematische Rechnung zu sein. Das Mindset, die Kultur, die es dafür braucht muss sich erst noch entwickeln. Noch wird es nicht so gelebt, wie es notwendig wäre.“

Teil dieser Kultur ist eben auch die Erkenntnis, dass soziale Angebote wie die Migrationsberatung eben kein nettes, freiwilliges Angebot, sondern ein Baustein für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland sein müssen. Die jetzige Struktur mit dauerhafter Unterfinanzierung und Ängsten vor jeder Haushaltrunde kann diesen Baustein nicht bieten.